Sicherung der Stromversorgung
Blackout wegen Wartungsmängeln?
von Jakob Wehrli
Ohne dass es uns bewusst ist, steuern wir immer stärker auf einen Blackout hin – also einen europaweiten, länger dauernden Stromausfall mit seinen katastrophalen Folgen. In den vergangenen Wochen rückte das Problem wieder vermehrt in die Schlagzeilen.
Meldungen über einen nahenden Blackout verunsichern die Bürger immer wieder – zuletzt am 8. Januar 2021, kurz nach 14 Uhr. Offenbar kam es europaweit zu heftigen Schwankungen in der Netzspannung.1 Die Gefahr eines Zusammenbruchs war einmal mehr hoch. Noch im März 2020, zu Beginn der Covid-19-Epidemie, wurde bekannt, dass die europaweite Stromversorgung durch den Ausfall einzelner Netzwerkexperten höchst gefährdet war. Für bestimmte Personen im Steuerungsbereich galten deshalb besondere Corona-Schutzmassnahmen. Sie wurden vorsorglich unter Quarantäne gestellt.2 Das Thema war, dass ein Ausfall von Teilen des Stromnetzes bis hin zu einem europaweiten Blackout katastrophale Folgen hätte – nicht
nur für die Wirtschaft.3 Ein Blackout wäre noch verheerender als ein langer, harter «Lockdown».4
Stromnetz unter Druck
Die seit Jahren steigende Belastung des europaweiten Stromnetzes ging im Frühjahr 2020 durch den Lockdown abrupt zurück. Schon diese Situation war technisch riskant. Starke Schwankungen in der Auslastung des Netzes gefährden die notwendige Spannungsstärke, ohne die das Netz nicht funktioniert. Aus diesem Grund war auch das Wiederhochfahren des Stromverbrauchs nicht ungefährlich.5 Inzwischen wird wieder verstärkt Elektrizität verbraucht. Doch die jüngsten Schwankungen anfangs Januar schreckten die Experten erneut auf. Was war die Ursache? War es der erhöhte Energieverbrauch wegen des rumänischen Wintereinbruchs? War die Infrastruktur beschädigt? Und: Sind noch genügend Reservekapazitäten vorhanden?6
Energiewende mit Risiken
Weil die Stromnetze inzwischen europaweit eng miteinander verkoppelt sind und gleichzeitig schwankende Energieerzeuger wie Sonne und Wind steuerungstechnisch vermehrt einbezogen werden müssen, um genügend Strom zur Verfügung zu haben, steigen die Risiken für einen Stromausfall enorm.7 Allein der Aufwand zur Stabilisierung des Stromnetzes verschlingt inzwischen immer grössere Summen.8 Grund dafür ist, dass die Schweiz und Deutschland ihre stabilen Stromerzeuger, die Kernkraft- und Kohlewerke, nach und nach abschalten und sich darauf verlassen, dass Strom aus anderen Ländern ihre Leistungsschwankungen werden ausgleichen können.
Ein Blackout hat verheerende Folgen
In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Beiträge in den öffentlich-rechtlichen Medien ausgestrahlt, welche die Gefahren eines Blackouts nachvollziehbar beschreiben. Es ist lohnenswert, diese zur Kenntnis zu nehmen.9 Man muss es sich plastisch vorstellen: Durch einen totalen Stromausfall wären relativ schnell die gesamte Wasserversorgung, der gesamte Verkehr und alle Spitäler betroffen. Datenübertragungen, welche für die Logistik des Warenverkehrs notwendig sind, würden ausfallen.10 Würde sich der Stromausfall über Wochen hinziehen, müsse man mit Zuständen wie nach einem langjährigen Krieg rechnen.11
Rückgang der Steuereinnahmen als Problem
Die Ursachen für einen Blackout können vielfältig sein: Naturkatastrophen wie Hochwasser, Orkane, Vereisungen mit Mastbrüchen bei den Hochspannungsleitungen oder aber auch Hackerangriffe auf die Stromversorger und Vernachlässigung der Infrastrukturen – sei es wegen sinkender Steuereinnahmen oder wegen Privatisierungen der Infrastrukturen (wie z.B. in den USA).
Energiesektor kontrollieren
Für die Stromversorgung gilt, was auch für viele andere Bereiche des «Service public» gilt: Sie muss dringend wieder entkoppelt und öffentlich kontrolliert werden. Die Stromversorgung eignet sich genauso wenig zur Gewinnmaximierung wie die Wasserversorgung die Gesundheitsvorsorge und die Bildung. Diese Bereiche sind für das Funktionieren einer Gesellschaft existenziell und müssen deshalb gemeinwohl-orientiert geführt werden.
1 Frankfurter Rundschau. Droht Frankreich ein Blackout? vom 8. Januar 2021. Oberösterreichisches Volksblatt. Erneuerbaren-Ausbau erhöht offenbar Blackout-Gefahr. vom 10.1.2021. ORF Wien. Blackout-Gefahr: Immer mehr Noteinsätze. vom 10.1.2021
2 https://www.saurugg.net/2020/blog/krisenvorsorge/die-corona-krise-und-die-steigende-blackout-gefahr vom 17.3.2020. Die Homepage von Herbert Saurugg bietet detaillierte und breite Informationen rund um das Thema Stromversorgung.
3 vgl. https://www.saurugg.net/blackout/risiko-eines-strom-blackouts
4 https://www.saurugg.net/blackout/risiko-eines-strom-blackouts
5 z. B. für die Situation in Österreich: https://hlk.co.at/a/netzstabilitaet-und-ausbau-darauf-kommt-es-jetzt-im-
oesterreichischen-stromnetz-an vom 21.4.2010
6 https://www.ingenieur.de/fachmedien/bwk/energieversorgung/strom-europa-schrammt-am-blackout-knapp-vorbei/ vom 13.1.2021
7 https://www.energieverbraucher.de/de/stromnetz__1335/NewsDetail__18182/ vom 4.7.2019
«‹Wir schalten jetzt Hamburg ab›. Zwei Experten der Universität Bremen bestätigen das grossflächige Stromausfälle durchaus passieren können. Interview Kai Uwe Bohn.» uni&gesellschaft. S. 40–43. https://intrapol.org/2020/04/29/wir-schalten-jetzt-hamburg-ab-interview-mit-dem-magazin-der-universitaet-bremen-up2date/
8 Dies meldete schon 2018 die «Basler Zeitung»: https://www.bazonline.ch/ausland/europa/kosten-fuer-energiewende-explodieren/story/13230493 vom 6.1.2018
9 Zum Thema Blackout wurden einige gut dokumentierte Sendungen ausgestrahlt:
SRF: www.srf.ch/kultur/wissen/blackout-alle-videos-des-fiktionalen-dokumentarfilms von 2017,
ORF: «Im Kontext – Was passiert, wenn der Strom wirklich länger ausfällt» www.youtube.com/watch?v= UQR9xXNKojw von 2018 oder
WDR: www1.wdr.de/mediathek/video-blackout--die-illusion-vom-notstrom-100.html von 2019
10 vgl. https://www.saurugg.net/blackout/auswirkungen-eines-blackouts
11 ORF: «Im Kontext – Was passiert, wenn der Strom wirklich länger ausfällt» www.youtube.com/watch?v= UQR9xXNKojw von 2018