Buchbesprechung
«Imperium USA»
Ein historischer Überblick von Daniele Ganser
(30. November 2020) rl. Dass Daniele Ganser mit seiner neuen Veröffentlichung «Imperium USA. Die skrupellose Weltmacht» richtig liegt, erkennt man an einigen negativen Rezensionen mainstream-geleiteter Zeitungen. Nicht so sehr eine sachliche Auseinandersetzung steht im Mittelpunkt dieser Rezensionen, sondern Themen, die Ganser ihrer Meinung nach statt dessen hätte besprechen «müssen», wie zum Beispiel China. Aber: Besprechungen dieser Art machen erst recht neugierig.
Klar und mit Fakten belegt zeichnet Ganser in seiner Veröffentlichung die Geschichte der Militärmacht USA nach. Besonders hervorzuheben ist für den interessierten Leser die Zusammenschau der vergangenen 20 Jahre Weltmachtpolitik der USA.
Ganser, ein ausgewiesener Experte
Ganser ist als langjähriger Friedensforscher auch ausgewiesener Experte, was geheime und offizielle Machtpolitik angeht. Schon mit seiner ersten grossen Publikation «Nato-Geheimarmeen in Europa. Inszenierter Terror und verdeckte Kriegsführung» über die Stay-behind-Armee Gladio stellte er die Geschichtsschreibung der Nachkriegsjahre in ein neues Licht: Inszenierte Terroranschläge in europäischen Staaten, um die Stimmung in der Bevölkerung vor Wahlen zu beeinflussen, so wie in Italien in den 70er Jahren. So lassen sich die Forschungsinhalte zu diesem Thema sehr verkürzt umschreiben.
In «Illegale Kriege. Wie Nato-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien» wies er systematisch die doppelte Moral der Nato-Politik nach. Ständig verstossen die USA und ihre Nato-Partner gegen das UNO-Gewaltverbot. Als Vetomächte im UN-Sicherheitsrat können die USA, Frankreich und Grossbritannien jegliche Verurteilung verhindern. Seite um Seite beschreibt Ganser in dem Buch diese Aspekte der Nato-Politik, immer genau belegt und immer klar benannt. Es erstaunt nicht, dass seine öffentlichen Veranstaltungen äusserst gut besucht sind – hauptsächlich mit Menschen jüngerer Jahrgänge.
Gansers Klarheit und seine Ehrlichkeit hatten – leider nicht überraschend – üble Folgen. So geriet er 2018 in das Visier einer gegen ihn angelegten Medienkampagne, die offensichtlich darauf abzielte, ihn zum Schweigen zu bringen. Die Drahtzieher blieben wie immer im Dunkeln. Doch Daniele Ganser liess und lässt sich nicht beirren. Sachlich und korrekt aufgearbeitet, erschien im Frühjahr 2020 bei Orell Füssli seine neues Buch «Imperium USA».
Was ist ein Imperium?
Ganser pflegt keine Ressentiments gegen die USA. Er wiederholt auch keine typischen Vorurteile. Nein, Schritt für Schritt zeigt er auf, dass die USA ein Imperium im historischen Sinne sind und sich genau so verhalten. Seine Brisanz erhält die Veröffentlichung dadurch, dass Ganser dieses Verhalten an den eigenen Ansprüchen der USA misst – festgehalten durch die UNO-Charta, die für alle verbindlich geltendes Recht verkörpert. Nachdem Ganser aufzeigt hat, dass die USA ein Imperium sind, fragt er nicht zu Unrecht, wie das zu einer Demokratie passt. Doch dass die USA keine Demokratie sind, ist ein offenes Geheimnis. Ähnliche Staatsformen werden in der klassischen Einteilung einer «Oligarchie» zugeordnet, also der Herrschaft einiger weniger Einflussreicher.
Anschliessend wird der Leser auf eine historische Zeitreise durch die Indianerkriege, den Krieg gegen Mexiko, die Sklaverei, die Politik des lateinamerikanischen «Hinterhofes», durch den Ersten und den Zweiten Weltkrieg, die Nachkriegszeit, den Vietnamkrieg bis in die heutige Zeit geführt.
Es wird deutlich, dass Ganser als Historiker gewohnt ist, mit Quellen zu arbeiten und seine Aussagen sicher zu belegen. Spannungsreich gelingt es ihm, die Ereignisse von 9/11 darzustellen, ohne sich dabei selbst zu positionieren. Anhand der Fakten ist der Leser genötigt, eigene Überlegungen anzustellen: Wie lässt sich erklären, dass am 11. September 2001, neben den World Trade Center-Türmen (WTC-1 und WTC-2), noch ein dritter Wolkenkratzer (WTC-7) einstürzte –, ohne dass dort ein Flugzeug zerschellte? Und warum wurde dieses schockierende Ereignis nicht in die offiziellen Untersuchungen miteinbezogen?
Und heute?
Die vergangenen 20 Jahre werden brandheiss und gut beschrieben. Im Kapitel «Das digitale Imperium» zeigt Ganser den inzwischen riesigen Überwachungsstaat auf, der durch Edgar Snowden an das Licht der Öffentlichkeit gerissen wurde. Die Rolle, die persönliche Daten in Wahlkämpfen spielen, sind seit der Wahl von Donald Trump offizielles Thema – Stichwort Cambridge Analytica. Auch die Frage, warum die USA und die Nato ihre Machtpolitik und die Sanktionen gegen Russland und China eskalieren lassen, lässt Ganser nicht aus.
Nicht nur der Faktenreichtum, die Sachlichkeit, sondern auch Gansers kompromissloser Einsatz für eine friedlichere Welt machen diese Veröffentlichung zu einem herausragenden Ereignis. Dieses Buch ist bereits ein Bestseller und muss in der Tat gelesen werden.
Ganser, Daniele. Imperium USA. Die skrupellose Weltmacht. Zürich 2020. ISBN 978-3-280-05708-7